Viel Charmes

Wir sind nicht entlang der Mosel nach Nancy gekommen, sondern durch die Vororte und so verliesen wir es auch. So haben wir Nancy von Nord nach Süd auf urbanen, verkehrsreichen Wegen durchquert. Nach ca. 12 km trafen wir wieder auf den auserwählten Radweg, den “voie bleue”, suchten uns einen Schlafplatz und fanden diesen 3 km weiter. 

Ans wilde Campieren kann sich Johanna leider nicht gewöhnen. Es macht ihr zu viel Angst, sie fühlt sich unwohl und kann dabei nur sehr schlecht schlafen. Aber auch diese Nacht verging irgendwann am Morgen und wir machten uns auf den Weg. Und der Weg war wieder traumhaft, so schön, dass es eigentlich hätte langweilig sein müssen. Denn es war immer das selbe Szenario, ganz rechts außen eine Straße oder ein Gleis, dann kam ein Grünstreifen mit Hecken und so, dann der Mosel, dann ein weiterer ca. 80 cm breiter Grünstreifen, dann das begeh- bzw. beradelbare Asphaltband, Linkerhand befand sich ein ca. 1,5 m breiter Grünstreifen mit Bäumen, linker Hand zu diesem ein Kanal und viel weiter konnte man nicht sehen.

An einer Bank hielten wir an, kochten Kaffee, Frühstückten und gingen anschließend immer weiter in dieser Märchenwelt. Das Ziel sollte ein Zeltplatz sein, den wir nach 20 km erreicht hätten, wenn es ihn noch gegeben hätte. Johanna war am Boden und so verärgert, dass sie sich diesen Platz nicht einmal ansehen wollte. Aber dieser Platz war genial, die alten Strukturen des Zeltplatzes noch vorhanden, 2 m hohe Hecken, kein Mensch hätte uns dort entdeckt und das direkt am Fluss. Daraufhin wurde ich sickig und es gab wiedermal deftig Streit und 8 schweigsame Kilometer. 

Das nächste Ziel war wieder ein Zeltplatz, einer mit einer Website und bei ACSI gelistet. Zwei Kilometer weiter standen wir vor dessen verschlossenen Toren und fanden heraus, das dieser sich 2022 eine Renovierung gönnt, es aber nicht für nötig hält dies auch kundzutun. Bedröppelt schaute ich auf meine Wanderapp und fand im Ort ein Hotel. Charmanterweise heißt das Örtchen Charmes, doch machte es erstmal seinen Namen keine Ehre, denn das Hotel war geschlossen, auch die 2 anderen ansässigen Hotels waren zu. Ziemlich resigniert und fertig, denn wir hatten schon 32km, bei über 30 Grad in den Beinen, ließen wir uns in einem Cafe nieder. Auch wenn die Chefin nur Französisch verstand, schaffte ich es, 4 verschiedene Kaltgetränke zu exen. Das Beste davon war ein Bier mit gefrorenen, roten Früchten verrührt. Mir gefiel das Cafe, es war einfach, mit einer mir sehr angenehmen Atmosphäre. Erfrischt schaute ich bei booking.com nach und fand tatsächlich ein Apartment. Mittels google maps fragten wir die Cafégäste, ob es diese Adresse auch wirklich gibt, und nach positiver Bestätigung buchten wir es, liefen den Kilometer und waren heil froh ein Obdach zu haben. 

Es war bereits nach 20:00 Uhr, da war ich echt froh, das alles per Code und Schlüsseltressor ablief. Wir waren so breit, das wir gleich zwei Nächte buchten. Wir genossen den Ruhetag, an dem es eigentlich wiedermal ein Unwetter geben sollte, das aber wahrscheinlich keine Bleibe fand und so unbemerkt weiterzog. Uns und den Bettwanzen tat der Tag bzw. die Nacht zusätzlich jedenfalls gut. Mein Rücken, Bauch, Nacken und Arme sahen aus wie … und juckten, als ob eine Ameisenarmee darüber lief.

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