Unerwartete Ruhetage

Aufgestanden, Morgentoilette, Zelt abgebaut, alles eingepackt und los ging’s. Erstmal einen Kilometer in die Gegenrichtung zum Supermarkt und dann zum Bäcker. Ein total freundlicher Bäcker verkaufte uns ein Baguette, mir ein Eclair und Johanna eine große schokoladig braune Kugel. Vorm Bäcker beobachtete Johanna wie eine Fahrradfahrerin mit einem Pappbecher Kaffee ankam. Ich fragte sie, woher sie diesen habe und da sie Deutsche war, konnte sie mir sehr verständlich erklären, dass er aus der Bar drei Häuser weiter war. Ich holte uns also Kaffee to go aus einer Bar, während Johanne das Baguette mit Käse bestückte. So gab es auf dem Bürgersteig, vorm Bäcker, im Stehen, eines der mir am besten schmeckenden Frühstücke überhaupt. Die Atmosphäre, das Käsebaguette, der Kaffee und vor allem das ECLAIR. Einfach nur genial! So vielen die folgenden 12 km nicht schwer und liefen sich fast von allein. Während einer Pause packte Johanna die beim Bäcker erstandene ca. 10 cm große Schokokugel aus und auch die war lecker, zwar extremst süß, aber etwas, was wir vorher in der Art noch nicht gegessen hatten. Es war ein Baiser in einer fluffig, weichen, bröckeligen Konsistenz. Die Kugel war in der Hälfte geteilt und mit einer 5 mm dicken Nussnugatschicht wieder zusammengeklebt. Energie pur, die hätten wir einen Tag zuvor besser benötigt.

Die mit Abstand freundlichste Campingplatzrezeptionistin empfing uns in Scey sur Saone. Auch sie sprach nur Französisch, aber mit viel Lachen und Körpereinsatz mieteten wir wieder mal eine feste Unterkunft für zwei Tage. Ein niedliches Stelzenhäuschen mit Planendach und Blick auf die Saone, wunderschön. Wenn man bedenkt, dass wir auch schon mal 24 € pro Nacht fürs Zelten bezahlt haben, so waren die 20 € für das Häuschen mehr als fair. 

Nun hieß es recherchieren und planen, denn Heike und Ingo wollten uns besuchen. Ja, die Heike mit dem großen Auto, aus dem zweiten Blockbeitrag “Erstes Erwachen”. Die beiden sind echt krass gute Freunde, denn sie nehmen den ganzen Weg auf sich, nur um uns zu sehen. LIEBEN DANK!

 Erst wussten wir nicht so recht, wo wir sie treffen sollten, denn Laufen kann man nicht so gut planen. Dazu hatten wir noch eine Nebensächlichkeit vergessen, der geplante Termin war das Pfingstwochenende, und auch in Frankreich liebt man Feiertage. Nach ziemlich langen Suchen fand ich noch ein Hotel mit freien Räumen, welches wir ohne Probleme erreichen konnten. Das Problem dabei war, das Hotel lag nur 23 km von uns entfernt. Geografisch perfekt, denn es lag genau in der Mitte unserer nächsten Laufettape und diese Laufetappe stellte für uns bis dato ein Problem dar, denn diese betrug 40 km bis zum nächsten Zeltplatz. So wurde sie nun perfekt geteilt. Das knifflige daran war die kurze Entfernung in Anbetracht, dass wir noch 6 Tage Zeit hatten. So beschlossen wir unser Häuschen noch vier weitere Nächte zu buchen.

Aber, da war ja noch Pfingsten, und so war das Häuschen nur noch zwei weitere Nächte für uns buchbar, die restlichen zwei Nächte müssen wir eben im Zelt verbringen. Und genau so taten wir es. Wir erkundeten das Städtchen, den Hafen, plünderten jeden Tag den Supermarkt und lernten Alice und Lens kennen, ein herzlich freundliches Ehepaar aus den Niederlanden. Sie luden uns spontan auf eins, zwei, drei, viele Gläschen Wein ein und wir führten tolle Gespräche. Ich liebe es, zu erfahren, wie das Leben der Menschen an anderen Orten funktioniert, bzw. Funktionierte. 

In unserem Häuschen hatten wir Gaskochplatten und sogar einen Kühlschrank. Auch unsere Wäsche konnten wir endlich mittels einer Waschmaschine reinigen. Diese Zeit verging sehr schnell und genau an dem Tag, an dem wir aus dem Häuschen mussten, sagte die Sonne “Hab grad keine Lust!” Und es begann zu regnen, aber zum Glück nicht lang. Als die Sonne voller Inbrunst so vor sich hin strahlte, fragten wir uns schwitzend, was wohl besser sei, frischer Regen oder heiße Sonne. Aber auch hier hatten wir Glück, denn genau neben unserem Zelt, war ein fester, geräumiger Unterstand mit Tisch, Stühlen, Kühlschrank und Mikrowelle. Dort gab es Schatten und schützte, bei bequemer Körperhaltung vor Regen. So verging auch dieser Tag recht unspektakulär, dieser verabschiedete sich spät abends noch mit Regen und Gewitter.

Der letzte Tag des Wartens begann mit strahlendem Sonnenschein, einem frischen Baguette und einem Eclair vom Bäcker und selbstverständlich einer großen Tasse Kaffee. Dann dümpelte der Tag etwas vor sich hin, um sich dann wieder zu überschlagen. Ron kam auf einer 1290er KTM, baute neben uns sein Zelt auf und es begannen wieder interessante Gespräche. Über seine Reise, seinem Block, seinem Whiskey-Instaprofil und währenddessen kamen, Alice und Lens vorbei und luden uns auf ein paar weitere Gläschen Wein und tollen Gesprächen ein. Nach dem Wein und den Gesprächen wurde es ein schöner Abend mit Ron.

Mit der Erwartung eines angekündigten Donnerwetters krochen wir ins Zelt. Wetterleuchten boten uns eine tolle Lichtshow, beider ich schnell einschlief. Nachts gegen 3:00 Uhr wurden wir dann unsanft geweckt, es war, als rüttelte jemand am Zelt und der rüttelnde Störenfried war der Wind. Da ich, wegen der Unwetterwarnung, vorher nochmal alle Heringe überprüft und die Leinen nachgespannt hatte, war ich beruhigt und hätte der in der Nachbarschaft stehende Camper nicht seine Markise eingefahren, da er schonmal eine bei Sturm geschrottet hatte, wäre ich wieder eingeschlafen. Aber das hypnotische Trommeln des einsetzenden Regens sorgte für schnellen Schlaf.

Am nächsten Morgen trocknete die Sonne die Spuren der Nacht schnell weg. Ron packte seine sieben Sachen und kochte sich dann einen Kaffee. Da vielen Johanna und mir die Augen vor staunen aus den Köpfen, denn er hatte einen kleinen, elektrischen, faltbaren, Wasserkocher bei sich. Wie cool war das denn, denn wenn man auf einem Zeltplatz ist, dann findet man immer eine Tüte voller Strom, z.B. im Waschraum. Natürlich kochte der liebe Ron auch für uns das Kaffeewasser. Ich liebe meinen MSR Dragonfly (Benzin-Kocher), aber es ist schon etwas bequemer mit so einem Wasserkocher. Ron verabschiedete sich und ritt auf seinem Bike davon.

Heute war der Tag der Tage. Der Tag, weswegen wir 6 Nächte auf dem Campingplatz in Scey sur Savone verbrachten. Der Tag, an dem uns Heike und Ingo besuchen wollten. Und das taten sie, sie hatten sogar noch eine Überraschung. Denn nachdem sie eine Nacht in Nancy verbrachten, kamen sie direkt auf den Zeltplatz und holten uns nacheinander ab. Somit sparten wir uns die geplanten 20 km Laufen, denn es wurde ein regenreicher Tag. Aber liebe Leser*innen stellt euch mal vor, die Beiden fahren 500 km nur, um uns zu sehen, nur um einen schönen Abend mit uns zu verbringen. Wir beide können es heute noch nicht fassen, was für tolle Menschen die Beiden sind. Sie bezahlten sogar alles, vom Essen bis zum Hotel und wollten nicht, dass wir uns beteiligen. Ein dickes Gänsehaut-DANKE! Da ihr Besuch angekündigt war, hatten wir die Chance, einige Dinge im Internet zu bestellen, welche sie uns mitbrachten. Für mich waren das vor allem zwei Seitentaschen. Nicht um noch mehr Krims Krams mit herumzuschleppen, sondern um mein Gepäck besser zu verteilen. So konnte mein kleiner Rucksack in der großen Packtasche verschwinden, und die Dinge, an die man schnell ran muss, nahmen erfolgreich in den Seitentaschen platz. Plötzlich fragte Heike, ob wir einen Kaffee wollten, denn sie hatte Leckereien aus Nancys Bäckereien mitgebracht. Aber was sie dann, um Wasser zu kochen, aus ihrer Tasche zog, verschlug uns die Sprache. Es war ein faltbarer Wasserkocher, wie ihn Ron am Vortag benutzte. Als sie unser unauffällig aufdringliches Staunen bemerkte, schenkte sie uns das Teil und wir platzten schon fast vor Glück und den Leckereien.

Dieser Tag wurde hammermäßig schön, lustig und vor allem unvergesslich! 

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