Orange ist ein tolles, altes Städtchen. Es strahlt Ruhe, Geschichte, Gemütlichkeit aus und bietet dabei eine Menge Flair. Über Gassen habe ich schon geschrieben, auch hier könnte ich das tun, denn es macht unglaublich viel Spaß, sich durch sie zu schlängeln. Hier hatte ich das Gefühl, das man beim Dekorieren der Gassen und Geschäfte noch einen draufsetzt. Es gefiel mir sehr und es lenkte mich ab.
Schon seit Langem versuchte ich einen meiner engsten Freunde zu erreichen, doch er antwortete nie. Nicht zu antworten war seine Art, bis man vor seiner Tür stand, dann war alles, als wäre kein Tag seit der letzten Begegnung vergangen. Da ich aber 700 km von ihm entfernt wohne, war das nicht so einfach und so versuchte ich es stupide weiter. Am ersten Abend in Orange kam ich per E-Mail in Kontakt mit einer Freundin, die ich schon viele Jahre nicht mehr gesprochen hatte und erfuhr, dass Maddel schon vor längerer Zeit gestorben sei. Da zog es mir erstmal den Boden unter den Füßen weg. Maddel war eine Erscheinung, er konnte so unglaublich gut singen und tat das bei jeder Gelegenheit. Wenn er Elton Johns Daniel sang, hörte jeder hin und bekam Gänsehaut. In anderen Momenten verblueste er einfach das, was er sah und brachte damit alle zum Lachen. R.I.P. Maddel!
Orange fing mich auf, lenkte mich ab und gab mir so die Zeit es anzunehmen.
Ich plante eine neue Route zum Meer und beschloss, nicht nach Avignon zu gehen, obwohl das eines meiner kleinen Wünsche war. Aber ich wollte in keiner Weise die pervertierte Geldgier in dieser Gegend unterstützen. Johanna sortierte viele Sachen aus und sendete sie mit der Post zurück nach Hause. Das war auch mein Plan. So schaute ich mir jedes einzelne Mitschleppsel an und gab frustriert auf, ich brauchte alles davon, konnte nichts aussortieren. Wütend packte ich wieder alles ein, mit dem Wissen, bald kommen Berge.
Im Normalfall bin ich froh, wenn wir einen Ort nach drei Tagen wieder verlassen, aber in Orange wäre ich noch gerne zwei weiter Tage geblieben. Wir versuchten, zu verlängern, sogar mit Hilfe der Betreuerin des Apartments, aber booking.com lies uns keine Anschlussbuchung tätigen und so sagten wir uns, es soll nicht sein und bremsten die Betreuerin in ihren Bemühungen.
In aller Ruhe packten wir unsere Sachen, genossen die kalten Getränkereste aus dem Kühlschrank und 11:00 Uhr ging es dann ab in die Wärme. Heute floss nicht nur der Schweiß in Strömen, auch die 15 Kilometer verflüssigten sich ziemlich gut. Die Landschaft änderte sich, viele Hügel und Berge tauchten auf und die vielfältigen Obstplantagen wichen dem Weinanbau. Wir gingen nicht nur durch einen Weinberg, wir überquerten ein ganzes Weingebirge. Riesige, schmiede eiserner Tore mit weißen Alleen zum Chateau und davor jeweils ein kunstvoll angefertigtes Werbeschild mit klangvollem und wichtig klingendem Namen des Gutes, so wurden die Distrikte im Weingebirge unterteilt. Es sah alles wunderschön aus und man wurde schon beim Nachdenken, was das oder jenes wohl für Wein sei betrunken, so viele Reben sahen wir. Auch unseren ersten Kaktus hier in Frankreich liesen wir nicht außer acht.
Und da standen wir auch schon vor dem Eingang des Campingplatzes mir dem tollen Namen “L’Art de vivre”. In der Rezeption sahen wir, dass dieser Zeltplatz ein paar feste Unterkünfte besaß, unter anderem tonnenförmige Hobbitbehausungen und in so einer wollte Johanna schon immer mal schlafen. Und so geschah es dann auch. Der Zeltplatz war sehr schön, französisch, ruhig und eine Chefin, die mich rügte, weil ich das gelbe Papierarmbändchen noch nicht angelegt hatte, als ich ein paar Getränke kaufte.
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