Laiguelia, Borgio, Savona

Immer mehr Mühe kostete es mich, mir mein Glück bewusst zu machen, die verbleibende Zeit zu genießen. Noch konnte ich alles in die Länge ziehen, aber mein Wesen tickt halt etwas merkwürdig. Sobald ich das Ende kenne, ist es nicht mehr das, was ich ursprünglich wollte. Es ist nur noch der Weg zum Busbahnhof. Ich lief immernoch über fanatastische Wege, durch traumhafte Landschaften und traf tolle Menschen. Äußerlich war alles, wie ich es mir nicht besser hätte vorstellen können. Doch innerlich war ich zerissen, konnte es nicht genießen, weil es mir nicht mehr gelang im Moment zu bleiben. Ich sah die Sonne, das Meer, die Berge, aber fragte mich, wie komme ich nach Deutschland, was mache ich dort, wie geht es weiter, gelingt uns eine weitere Reise, wie soll diese aussehen, dann sah ich wieder das Meer. Sehr häufig liefen Tränen ohne wirklich zu weinen. Der Stein der auf meinen Magen drückte wurde schwerer. Immer wieder rief ich mir meinen absoluten Lieblingsspruch ins Gedächtnis “Das Glück eines Menschen, hängt ab von der Beschaffenheit seiner Gedanken.” (Marc Aurel vor 2000 Jahren) Mit diesem Wissen und dem Vetrauen, dass das so ist, gelang es mir zwar nicht, achtsam im Hier und Jetzt den Moment zu genießen, aber ich konnte positiv, Pläne schmiedend an die Zunkunft denken. Ob ich mir immer wieder meinen geplatzten Traum und was ich nun alles nicht erlebe in Erinnerung rufe oder daran denke wie eine weitere große Reise aussehen kann, liegt nur bei mir. Egal, wie schwer es ist, es ist einzig und allein meine Entscheidung! Auf diesem Weg kam auch etwas Leichtigkeit und Freude zurück: “Das Glück eines Menschen hängt ab von der Beschaffenheit seiner Gedanken.”

Mit dieser Einleitung möchte ich mich für die folgende, dem Erlebten nicht gerecht werdenden, fetzenhaften Aufzeichnung der letzten Tage meiner Reise entschuldigen.

Auf dem Weg nach Laiguelia, sprach mich ein Radreisender an. Dem meine Erscheinung mit dem Wagen neugierig machte. Er war ein paar Jährchen älter als ich, pilgerte mit dem Rad auf eigenen Pilgerwegen, kam aus Schottland und hieß lustiger Weise Tom Jones, was wohl in Schottland ein sehr gebräuchlicher Name sein soll. 

Zum Campingplatz hieß es wieder, sich mit ganzem Körpereinsatz in die Riemen zu werfen, denn dieser lag etwas erhaben über dem Meer, zwar nicht so hoch wie die letzten, aber ausreichend um mich keuchend und schwitzend vorwärts kampfen zu müssen. Der Platz war idyllisch, mit feinen Netzen überdachte Terassen, auf denen kleine Häschen hoppelten und köttelten und MEERBLICK. Ich schlenderte noch durch das Städtchen und blieb für eine Nacht.

Auf dem Weg nach Borgio, gönnte ich mir in einer Strandbar einen Frühstückscappuchino und später ein Mittagseis. Das Wetter wurde herbstlicher, die Temperaturen wurden super angenehm, der Wind stürmisch und dicke Wolken schmückten den Himmel. Der Weg zum Zeltplatz, war definitiv einer der Top-5 auf meiner Reise. Trotz des viel leichteren Gepäcks musste ich zahllose Pausen einlegen, wofür aber die Aussicht vom Campingplatz, jeden einzelnen Meter entschädigte. 

Dann ging es nach Savona, wie die Tage zuvor an der traumhaften, ligurischen Mittelmeerküste entlang. Ich hörte ein Brummen und sah in der Ferne über dem Meer ein gelbes Flugzeug, es schien Kreise zu drehen. Ich kam näher und näher und bemerkte, dass es zwei Flugzeuge waren, welche in eigenartigen Kurven kreisten. Dann konnte ich die gesamte Flugbahn einsehen und begriff den tramatischen Ernst ihrer Flüge. Während eines der beiden Flugzeuge direkt auf der Höhe des Meer flog, füllte es sich mit Wasser und stieg dann schwerfällig gen Himmel. In dieser Zeit entlud das andere seine löschende Fracht dampfend über einem Hang, dessen Wald in Flammen stand. So kreisten beide unermüdlich stundenlang. Später kam noch ein Hubschrauber mit einem riesigen Wassersack an einem langen Seil zu Hilfe. Vieleicht lag es an meiner nervlich angespannten Situation, mir liefen die Tränen, mir tat der Wald leid und innerlich bedankte ich mich bei diesen Piloten. 

Später, als ich mich mit Einheimischen über den Brand unterhielt, erfuhr ich, dass so etwas wohl öfters passiert. Da werden Brände gelegt um bebaubare Grundstücke zu erhalten, da das Abholzen streng verboten ist. 

Der Campingplatz in Savona liegt direkt am Meer, noch nie stand mein Zelt so nah am Meer und schon immer hatte ich mir das gewünscht. Es gab keinen geeigneteren Ort um meinen Traum entgültig zu beenden. Die letzten Tage hatte ich viel gekrübelt, wie es nun weitergeht, was ich tun werden. Zu erst wollte ich mich voll in social media stürzen um da etwas eigenes aufzubauen, doch das ist etwas sehr langfristiges, ohne Garantie und um schnell weiter Reisen zu können, benötige ich Geld. Das Problem, vor dem wohl die meisten Menschen stehen, egal ob es für eine Reise, ein Auto oder fürs nackte Überleben ist. Der einzig sichere Weg der mir da einfiel, war einen Job anzunehmen. Etwas von dem ich dachte, nicht mehr tun zu müssen, denn eigentlich wollte ich mir unterwegs etwas aufbauen, aber da hatte ich das Laufen unterschätzt. So erinnerte ich mich an die Worte der Geschäftsführung als ich mich von meiner alten Arbeitsstelle verabschiedete “Frank, du kannst zu jeder Zeit bei uns anklopfen, wenn du wiederkommst.” Ein Satz der mich damals freude, denn ich arbeitete sehr gern dort und diesen Satz begriff ich als große Wertschätzung. Nun, dachte ich, einmal Nachfragen ist doch okay. Auch wenn ich mich damals für immer verabschiedet hatte und mich ziemlich blöd dabei fühle dort wieder als Boomerang anzuklopfen, aber falscher Stolz bezahlt meine neue Reise nicht. Zuerst schaute ich auf der Website nach, ob es eine passende Arbeit für mich gibt, denn nur aus Liebe würden sie mich nicht wieder einstellen und es musste eine Arbeit sein die ich mir auch zutraue, denn ich kenne den Anspruch der Firma. Meinen alten Job gab es nicht mehr, aber tatsächlich wurde etwas ähnliches gesucht und schon ward eine entsprechende E-mail verfasst und abgesendet. Nägel mit Köpfen machen, es fühlte sich an wie ein Eiertanz, stolz und zerbrochen, hoffentlich klappt es, hoffentlich schaffe ich das dann auch. Meiner Frau sagte ich von all dem noch nichts. Umgehend bekam ich eine Antwort, der Bitte um ein Telefonat am Abend. Aufgeregt setzte ich mich Abends an die Campingplatzbar, dem einzigen Ort mit WiFi, trank etwas und wartete. Es dauerte etwas länger als gedacht und begann zu frieren, ich zitterte richtig vor Kälte, war ausgekühlt, dann klingelte es. Mir viel ein Stein vom Herzen, bei der positiven Nachricht. DANKE i22 Digitalagentur GmbH und DANKE Nina! Ich zog mir eine Jacke an, nahme eine Flasche italienisches Bier und setzte mich auf einen Felsbrocken. Aufgeregt, voller Freude und Dankbarkeit schaute ich auf das vollkommen schwarze Meer, dessen Welle gegen den Felsbrocken schlugen und mich ab und zu benetzten. Die lebendige, beleuchtete Küste von Savona spiegelte sich in den schwarzen Wellen. Ich bedankete mich, neue Zweifel kamen, hoffentlich erfülle ich die Anforderungen. Aber an diesem Abend war ich einfach nur Dankbar und seit längeren wieder glücklich ohne es mir bewusst machen zu müssen. Zwei Stunden saß ich da, starrte in die Dunkelheit und träumte glücklich, stolz und voll neuer Aufbruchstimmung vor mich hin.

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