Kulturschock

Nach einem Ruhetag läuft es sich eigentlich besser, aber hier steigen die Gradcelsiuse gerade in sonnige Höhen. So schwitzten wir uns die ersten drei Kilometer zum Supermarkt, um dort zu frühstücken. Das Frühstück bestand bei mir aus einem kalten Smoothie, einem Liter kaltem Kakao und einem 500 ml Eis aus griechischem Yogourt, Honig und karamelisierten Nüssen. Alles schmeckte hammermäßig, ging runter wie Öl, war eiskalt und zeigte mir ein paar Stunden später, die Bedeutung eines meiner Lieblingswörter: Flitzekacke.

Irgendwie lief es sich an diesem Tag nicht so flüssig. Die Kilometer verhielten sich, wie zu Hause meine Kilos, sie wollten einfach nicht weniger werden. Obwohl ich das Gefühl hatte schon, 30 Stunden am Stück unter dieser Sonne zu joggen.

Irgendwann bogen wir vom Hauptweg ab, in Richtung Zeltplatz, das ist für mich Zeichen, “Ja! Gleich sind wir da.” Der Weg entfernte sich von der Rhone und ging ins bergige Hinterland. Die letzten zwei Kilometer ging es ordentlich bergauf, mit Serpentinen. Da hatte sogar die Sonne Mitleid mit uns und versuchte, uns kräftig mit ihren Strahlen den Berg hochzuschieben, und das brannte auf dem Rücken. Die schöne Landschaft wurde bemerkt zur Nebensache. Viele Pausen, lautes Hecheln, ringsum Wald mit genügend Abstand, um auch ja keinen Schatten zu spenden. Nach vielen Schritten war auch diese Tortur vorbei und wir standen vor dem riesigen Eingang eines Campingplatzes. Vom Schweiße triefend, stinkend und durchnässt traten wir glücklich ins hart erkämpfte Paradies ein und wurden genau so wahrgenommen. Mit wenigen Schritten standen wir mitten unter tausend badewütigen Spaßbadbesuchern auf dem Fünf-Sterne-Campingplatz “CapFun”. Nachdem wir die Rezeption gefunden hatten, eingetreten waren, den ersten klimatisierten Atemzug zelebrierten, nahmen wir auch schon die harsche Aufforderung war, ein Formular auszufüllen, so wie es die ca. 20 anderen Neuankömmlinge wohl auch taten. Das Ausfüllen des Formulars gestaltete sich etwas schwierig, zuerst musste ich die Sonnenbrille mit meiner normalen Brille tauschen, dann wurde es meinem Schweiß zu langweilig und er lief ständig in meine Augen, brannte was das Zeug hielt, und tropfte mit einem lauten “Juhu” auf das Formular. Ich hielt das vollgetropfte, ausgefüllte Formular in die Luft und gestikulierte zu einer der 5 Rezeptionist*innen “Was nun?” Eine winkte mich zu sich und fragte “Haben Sie Reserviert?” Als ich dies verneinte, sah ich, wie ihr Gesicht kurz einschlief, Augen und Mund sich weit öffneten und mit einem außerroutinemäßigen Modus neu starteten. Wider hochgefahren und einsatzfähig verkündete ihr Mund “Da, haben wir aber keinen Platz für sie frei. Hier ist alles ausgebucht.” Da schlief kurz mein Gesicht ein, nach der kurzen Gesichtsentgleisung sagte ich zu ihr “Aber wir sind zu Fuß hier?!?!???” Professionell tauschte sie sich mit ein paar Kolleg*innen aus, holte einen Plan vom Campingplatz und erklärte ihn mir, mit der erlösenden Botschaft, wir sollen uns ein geeignetes Plätzchen auf den reichlich vorhandenen Grünflächen suchen, dann wiederkommen und sagen, wo wir etwas gefunden haben. Nach diesem Schock konnten wir unser Glück nicht fassen, das einzige Problem war, die Grünflächen als solche zu erkennen, denn obwohl alles geschmackvoll bepflanzt war, war doch der Boden eher braun. Doch mit Hilfe des Planes fanden wir ein Plätzchen und sogar ein richtig Schönes. Da wir natürlich mitbekamen wie wir beäugt wurden, bauten wir das Zelt auf und gingen uns schleunigst duschen. Wir hatten damit gerechnet und akzeptiert, das dieser Zeltplatz wohl ein tiefes Loch in die Kasse reißen wird, aber auch da staunte ich dankbar, denn 15 Euro waren ein absolutes Schnäppchen und auch die Preise im Shop und an der Bar waren günstiger, als die auf den anderen Zeltplätzen. Nach dem ersten ablehnenden Schock realisierten wir, was für ein tolles Erlebnis das ist. Als wir endlich mit allem fertig waren, gingen wir ins Bar-Restaurant und wollten etwas trinken. Dort angekommen war die Hölle los, alle Zeltplatzbewohner waren vor Ort zur Kinderanimation. Wir nahmen es sportlich, setzten uns dazu, tranken etwas und genossen unser Dasein. 

Wenn man eine Reise macht, dann möchte man etwas erleben, und wenn das, für jemanden der auch wild zeltet oder kleine Campingplätze gewöhnt ist kein Erlebnis ist, was ist denn dann eins?

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