Istres

Idyllisch war das Erwachen auf diesem Kleinod, nach einer stürmischen Nacht. Das war es dann aber auch schon mit positiven Schwingungen. Es war der vorletzte Tag unserer gemeinsamen Reise, der unausweichliche Abschied wurde uns spontan bewusst, die Sonne erhitzte unsere Gemüter und wir fauchten uns den ganzen Tag gegenseitig an, wenn wir mal etwas zu sagen hatten. Selbst dem Weg fiel das auf, er versuchte, sich ständig zu verlängern, um uns Zeit zum beruhigen zu verschaffen, in dem er sich als gesperrter Privatweg ausgab. Aber das half nichts, es nervte nur noch mehr, 3 Umleitungen bedeuteten einige Kilometer zusätzlich. Hinzu kamen noch etliche Kilometer auf einer viel und sehr schnell befahrenen Schnellstraße. Interessanter Weise fahren die Autofahrer um so rückstichtsloser, je schneller sie fahren, obwohl ausreichend Platz vorhanden ist.

Nach den Stunden nerviger Doppelbelastung kamen wir wenigstens wieder durch etwas schönere Natur und ca. 4 km vor unserem heutigen Ziel erreichten wir den Etange de Berre, einen riesigen Binnensee, kurz vorm Mittelmeer. Der Anblick war überwältigend, so als ob wir am Mittelmeer angekommen seien, wunderschön! Unser Weg bis zum Campingplatz war eine steile, enge, kurvenreiche, gut asphaltierte Autostraße mit phänomenalen Panoramablicken übers Wasser. Diese Straße zog von ganz alleine das Gaspedal in den Autos runter, ich konnte das total verstehen, wie viel Spaß das Fahren auf dieser Straße machte und wir beide nur als plötzlich auftauchendes Hindernis wahrgenommen wurden, vor allem bei Gegenverkehr. Wir und die Autos waren gefangen zwischen Felsen und Verkehrsleitplanken, es gab keinerlei Ausweichmöglichkeit, alle Teilnehmer mussten ihr Bestes geben, um unbeschadet in die nächste Runde (Kurve) zu kommen.

Dieser lang anhaltende Nervenkitzel fand ein erlösendes Ende mit dem Hinweisschild “Camping Vallon des Cigales” Wieder ein traumhaft schöner Zeltplatz, mit vielen mobile Homes und Platz für Zelte. Wieder wurde nur französisch geredet, was wir mittlerweile als Qualitätsmerkmal für unser Wohlfühllevel ansahen. Und auch hier fühlten wir uns absolut wohl. Diese Plätze, besser gesagt die Menschen, die wir dort antreffen, sind unglaublich freundlich, hilfsbereit, respektvoll. Hier eine kleine Begebenheit von dort: Wir wollten Duschen gehen, doch jede Duschkabine war besetzt, und wie das Saunafeeling verriet, schon etwas länger. Jugendliche (16-18 Jahre alt) trieben dort ihren Schabernack. Sie rannten von Kabine zu Kabine, bespritzten sich gegenseitig mit Wasser und hatten dabei einen Mordsgaudi. Eine Zeltplatzbewohnerin, die auch eine Dusche nötig hatte, beschwerte sich auf Englisch bei den Jugendlichen “Was soll das, es gibt noch andere Gäste auf dem Platz und für einmal Duschen braucht man nur 4-5 Minuten!” Plötzlich Stille, klack, klack, jeder rannte in seine Kabine und aus den Kabinen hörte man ein höfliches “Pardon!”, “Pardon Madame!”, “Pardon!” Der Duschfrieden war wieder hergestellt. Ich stelle mir diese Situation mit den Jugendlichen auf den internationaleren Campingplätzen bzw. in Deutschland vor.

Mit dem ersten Anblick des Etange de Berre beruhigten sich auch unsere Gemüter etwas, trotzdem ging ich abends alleine an die Bar, genehmigte mir 2 Bierchens und als es zur Nachtruhe ging, versprachen wir uns, dass wir uns morgen wieder besser behandeln!

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