Grau in Gray

Auch wenn ich lieber Zelte, so ist es schon ein tolles Gefühl, von einem Bett aufzustehen, statt sich von der Isomatte bis ganz nach oben zu quälen. Auch das Zelt trocknen, abbauen, einpacken entfällt bei einer alternativen Schlafgelegenheit. Aber zeitiger kommen wir deswegen trotzdem nicht los, denn dafür schlafen wir etwas länger. Unser nächstes Ziel war Gray, eine etwas größere Stadt und etwa 18 km entfernt. Wir liefen los mit dem vororakelten Wissen, dass es heute Regnen soll. In einem Dörfchen unterwegs kamen wir an einer Bäckerei vorbei, dort konnten wir unsere Süßgetränke nachfüllen und ich mir ein Eclair gönnen. Man, war das lecker! Genau diesen Moment nutzte der Himmel, um den Wasserhahn ordentlich aufzudrehen. Diesen Schauer konnten wir noch trocken vor dem Bäcker ausstehen. Beim zweiten, nicht so kräftigen, aber dafür längeren Schauer hatte der Himmel dazugelernt, und wartete damit, bis wir auf freiem Feld waren. Ja, da war er nun, unser erster Regenmarsch. Und obwohl wir beide eigentlich so süß sind, haben wir den Regen unaufgelöst und nur vom eigenen Saft befeuchtet, überstanden.

Der Einmarsch nach Gray war imposant. Denn man sah schon von weitem den Dom, der auf einem Hügel stand, und auf dem man ständig zu lief. Ich stellte mir vor, wie nachhaltig beeindrucken das für die Leute früher gewesen sein muss.

Auf dem Zeltplatz angekommen, war meine Aufgabe nach einer festen Unterkunft zu fragen, denn am folgenden Tag sollte es richtig tolle regnen. Feste Unterkünfte gab es nicht, nur ein modernes, rotes Häuschen mitten auf dem Zeltplatz, indem ein Kicker stand, wohl zur Bespaßung diente und “Chalet” genannt wurde. Der Zeltplatzverwalter bot uns an, das wir darin schlafen könnten. Wir schauten es uns an und bauten, doch lieber unser Zelt auf, denn das Häuschen war ringsherum verglast und wir hatten das Schild “Bitte nicht füttern” vergessen. So hatten wir aber jederzeit die Möglichkeit, die Zeit im Chalet zu verdödeln und es gab dort drin eine Steckdose. Somit war dank Klappkochers heißes Wasser für Wärmflasche und Kaffee schnell zubereitet.

Tatsächlich schüttete es am nächsten Tag wie aus Eimern.

Ich nutzte diese Gelegenheit, um meiner Regenklamotten zu testen. Regenjacke, Regenhose, wasserdichte Socken und Crocks, so erkundete ich Gray und wurde zweimal positiv überrascht. Die erste Überraschung war, dass meine Regenklamotten diesen Ergüssen standhielten und das Zweite, war Gray selbst. Dieser Charm lässt sich nicht in ein, zwei Sätzen beschreiben, selbst Fotos werden diesem nicht gerecht. Es ist eher wie eine Zeitreise, so zwei, drei Jahrhunderte zurück. Dieses Gefühl erlebe ich öfters hier in Frankreich.

Als ich von meiner wetterfesten Erkundungsrunde zurückkehrte, war Johanna voller Tatendrang, denn die Sonne sagte “Allo” und so zog ich mich um und ging die Runde ein zweites Mal. Da muss ich sagen, die schweren grauen Regenwolken unterstrichen den Charme von Gray mehr, als die verspielten Sonnenstrahlen bei der zweiten Runde.

Wieder zurück auf dem Zeltplatz, okopierte eine Gruppe jugendlicher Radfahrer unser Chalet, was uns bis auf die Steckdose nicht störte. Denn wir waren eingeladen. Alice und Lens, welche wir auf dem Zeltplatz in Scey sur Saone kennengelernt hatten, luden uns in ihren Camper ein, kochten für uns, es gab Wein und es wurde ein wunderschöner Spieleabend. Diese beiden sind so herzlich, so gastfreundlich, hilfsbereit und so stolze Großeltern. Ganz tolle lieben Dank an euch beide! Natürlich kochten sie auch schnell noch das Wasser für Johannas Wärmflasche. 

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