Erstes Erwachen

Über viele Jahre hinweg wusste Johanna nicht, ob sie diese Reise mit mir macht, und war eher der Meinung es nicht zu tun. Hingegen wollte ich es auf alle Fälle tun und kaufte nach und nach die Dinge, von denen man glaubt, sie zu benötigen. Zu diesen Dingen gehörte auch ein Zelt. Nun wollte ich nicht ohne Johanna planen. Aber eben alleine auch kein großes Zweimannzelt herumschleppen, so kaufte ich ein 1,5-Mannzelt. Diese Enge ist für einen Unerfahrenen eine große Herausforderung. Meine Frau kämpfte fluchend, aber tapfer mit dieser Situation und irgendwann lag auch sie im Schlafsack. Aber dann ging der Alptraum für sie erst richtig los. Die ganzen großen emotionalen Momente, die Anstrengung, das erste mal nachts im Zelt im Wald, die Geräusche, die ständige Erwartung, dass jemand kommt und das allerschlimmste sie fror. In der Nacht wurden es -7 Grad und ihr wurde nicht warm! Ich checkte ihr Schlafsystem, das war perfekt, nur ihr Körper, der produzierte keine Wärme, welche das System hätte dämmen können. Sie zog alles an, aber es half nichts. Je mehr sie fror desto öfter musste sie auf Toilette. Nachts, bei Minusgraden sich aus dem Zelt pellen und dann frierend zurück in einen Schlafsack, der scheinbar nichts bringt. Es war der blanke Horror für sie, aber irgendwann schlief sie doch ein. Doch dann schreckte ich hoch, denn sie hatte Alpträume und schrie ziemlich laut. Kurz gesagt, wir hatten schon schönere Nächte in unserer Ehe. Gerädert wachten wir gegen 6:00 Uhr auf und warteten ungeduldig, bis es endlich hell wurde. Schnell merkten wir, dass alles ziemlich nass war im Zelt und stellten ziemlich schnell fest, dass das Nass auch noch gefroren war. Mit dem ersten brauchbaren Licht standen wir auf. Der einzige Vorteil dieser Kälte war, ich vermisste meine elektrische Zahnbürste nicht, denn mein meine Hand zitterte jegliches Karies von den Zähnen und das eiskalte Spülwasser erfror jeglichen Keim im Mund. Schnell noch eine Hand Eiswasser ins Gesicht, dann schnell, also so schnell es eben ging, Zelt abbauen, Isomatten und Schlafsäcke einrollen. All diese Gegenstände waren freundlicherweise total nass, was bedeutet, später am Tag alles nochmal auszupacken um es auf einer Wiese zu trocknen. Das taschenpacken und aufladen dauerte ziemlich lang, kein Handgriff saß, keine Routine war vorhanden, Johanna fror und fror und wurde nicht warm. Wir liefen los, hielten an, um die Taschen auf den Wägen zu justieren, und begannen uns zu streiten. Wir liefen weiter, hielten an, um die Taschen auf den Wägen zu justieren, und stritten weiter. Wir liefen los, hielten an, um die Taschen auf den Wägen zu justieren, und stritten ziemlich heftig. 

Im nächsten Dorf wollten wir zum Bäcker, den es aber nicht gab, irgendwie gab es da nichts, nur Häuser ohne Menschen. Aber dafür gab es ein hübsch zurechtgemachtes Rastplätzchen. Zwei Bänke um einen Tisch unter zwei riesigen Linden. Dort ließen wir uns nieder, kochten Kaffee und Tee und frühstückten wir noch zitternd. Aber mit dem Kaffee und halbgefrorener Schokoerdnusscreme auf Vollkornbrot ballerte die Sonne auf unsere schwarzen Jacken und verbrannte förmlich den Streit. Wir mussten eine Lösung finden, noch so eine durchfrorene Nacht konnte Johanna nicht riskieren und so richtig Bock auf gefrorenes Zelt einpacken hatte ich auch nicht. Die Wetterapp sagte noch 3 Frostnächte voraus. So suchten wir nach einem Hotel oder ähnlichem, aber Covid und die Flut in NRW spülten die meisten davon weg und der Rest war ausgebucht. Da wir nur 15 Autominuten von zu Hause entfernt waren, entschieden wir zurück nach Hause zu fahren, die Frostnächte auszusitzen, unser Gepäck zu erleichtern und zu optimieren. Wir riefen Heike, eine absolute Superfreundin mit großem Auto, an. 2,5 Stunden später waren wir etwas beschämt, aber erleichtert daheim. Und damit unser Abenteuer nicht einfach so pausiert, drehte unser abgestellter Hauptwasserhahn völlig durch und ging kaputt. Damit war das kacken im Wald angenehmer als auf dem heimischen Thron.

2 Comments
  • Klaus
    Posted at 15:29h, 10 März Antworten

    Aller Anfang ist schwer 🙂

    • firepress
      Posted at 14:32h, 31 März Antworten

      Auuu ja, da sagst du was =D

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