27 Aug Das Grab der Maria Magdalena
Übermütig lief ich entlang der Schnellstraße direkt zum Supermarkt und kürzte dabei 1,5 km ab. Dabei dachte ich mir, warum sollte ich heute drumherum gehen, wenn ich doch gestern schon so lang auf ihr gelaufen bin. Es war noch relativ Früh, also so gegen 10:00 Uhr und deswegen noch nicht all zu viel los auf der Straße. So kam ich dann auch unbeschadet, nach Nahrung lechzend am “Hyper U” an. Neben ein paar Süßgetränken, einer mediterranen Tomaten-Paprika-Pampe, einer Käsecreme und eines dunklen Brotes erstand ich auch einen leckeren Kichererbsensalat mit Tomaten, Zwiebeln und vielen Kräutern. Nach dessen sofortigen Verzehr, ich mich an Johanna und meine Blutwerte denkend, gesund und ausgewogen ernährt fühlte.
Dann kam der spannende Moment, eigentlich sind mir Sehenswürdigkeiten egal. Für mich ist das Leben der Menschen und die Natur sehenswürdig genug. Aber, wenn ich schon mal hier bin und tata es war eine Kirche, eine Basilika, die mir wegen ihrer komplexen Schlichtheit schon gefiel. Okay, eine Kirche, da bin ich ja schon an einigen vorbeigekommen. Aber diese hatte mein Interesse geweckt, denn rings um ihr, schien sich alles um sie zu drehen, Souvenirläden, Restaurants und Menschen aus allen Herrgottsländern. Ich ging näher, stellte meinen Wagen am Seiteneingang ab und ging zum Haupteingang, um die Schrift auf der goldenen Tafel zu lesen “TOMBEAU DE SAINTE MARIE MADELEINE” Was? Echt jetzt? Krass!
Es war wirklich eine der beiden offiziellen Ruhestätten der heiligen Maria Magdalena, naja zumindest sollen hier Reliquien von ihr liegen. Reliquien von der Frau, die Jesus unterstützte, ihm folgte, seine Kreuzigung sah und der Jesus erschien, damit sie die Auferstehung verkündet. Jesus gibt einer Frau einen so wichtigen Auftrag, und die Kirche ignoriert das und alle anderen Frauen bis heute. Dabei täte ihr eine feminine Seite wahrlich gut, viel Unheil währe der Welt wohl erspart geblieben… aber hätte, hätte Fahrradkette!
Ich bin kein Christ, dennoch in der christlichen Kultur aufgewachsen, mit ihren Festen, Bräuchen, Gebeten, Werten und Geschichten. Ich war beeindruckt! Ich war dankbar, diesen Umweg gewählt zu haben! Ich war berührt! Als Sahnehäubchen obendrauf, hing in der Gruft ein Relief, welches als weltweit erste Darstellung von Jesus mit den drei heiligen Königen gilt und aus dem 6. Jahrhundert stammt. Da ich zu Fuß hingelaufen bin, bin ich jetzt wohl offiziell ein Pilger, zumindest hat man das, dort von mir gedacht.
Beeindruckt pilgerte ich weiter, ich war ja noch am Beginn meiner heutigen Laufstrecke. Der Gedanke an das gerade Gesehene begleitete mich noch sehr lang an dem Tag und trug mich förmlich über die Straßen. Diese wurden enger, ich ging in ein Gebirge hinein und dicke Wolken stapelten sich am Himmel. Der Gedanke an Regen spülte die von Maria erstmal weg, aber nein, es hat so lange nicht geregnet und bämm ging es los. Natürlich auf einer Strecke, wo es keinen Unterstand gab, wo die Bäume hinter einen großen Straßengraben standen.
So gut, wie es ging, deckte ich meinen Wagen und meine Bauchtasche ab und ging bis auf den Slip durchgeweicht, duschend, im Regen weiter bis er nachließ und ich an den Rand eines Ortes gelangte, an dem es eine Sportanlage mit Bushaltestellenhäuschen gab. Dort machte ich es mir gemütlich, wrang mein T-Shirt aus, stellte grinsend fest, das die weißen Schweißabdrücke herausgewaschen waren, aß etwas und beobachtete das Treiben auf dem Sportplatz. Männer in Trikots, da ist automatisch das Bild vom Fußballturnier im Kopf, aber es war ein Boulturnier. Ich saß zu weit entfernt, um es mit Spannung zu verfolgen. Ich versuchte herauszufinden, in welche Richtung die Wolken ziehen und unternahm zwei kläglich scheiternde Startversuche, bis es nach 1 1/2 Stunden endlich aufhörte zu regnen. Wohl temperiert stapfte ich voran und merkte, das der Regen auch meine Schuhe durchflutet hatte. Ich spürte, wie die Haut an den Füßen nicht trocknen konnte und wie alles begann zu scheuern. Aber was soll’s, ich musste weiter. Es sah weiter nach Regen aus, aber es blieb trocken. Doch plötzlich blitzte und donnerte es, aber was soll’s, ich musste weiter. Es war nicht mehr weit bis zu der von mir auserkorenen Stelle im Wald, da merkte ich ein Aufblitzen, ich sah es nicht direkt, es war hinter mir. Aber automatisch, wie bei jedem Blitz fing ich an zu zählen Eins, Zw-BRRCHFF! Demutsvoll ging ich schnell weiter, es gab keinen geeigneten Platz, an dem ich mich hätte in Sicherheit bringen können. Das Gewitter entfernte sich, aber man hörte es. Ca einen Kilometer vor dem Platz meiner Wahl kam ein Rastplatz. Ein Rastplatz auf einer Landstraße, wie geil war das denn? Ich wollte bei diesem Wetter sowie so nicht gern im Wald schlafen, so entschied ich hierzubleiben.
Ich setzte mich auf eine der Bänke und wartete ungefähr eine Stunde. Ich sah, das vom Rastpaltz aus zwei Abfahrten zu privaten Grundstücken gingen, mit Briefkästen und Klingel und so. Egal, es gewittert. Ich hatte gehört, dass es in Frankreich verboten ist auf Rastplätzen zu “campen” – Es gewittert, egal! Niemand kam vorbei. So dachte ich nach, wie ich heute Nacht schlafen will, Hängematte oder doch im Zelt. Das Zelt gewann, denn zur Hängematte, hätte ich noch zusätzlich das Tarp aufbauen müssen und wenn mich dann, des Nachts jemand wegscheucht, ist der Zeltabbau doch wesentlich einfacher. Also baute ich das Zelt auf und genau als ich damit fertig war, kam ein Auto. Ein älterer Herr stieg aus, entsorgte seinen Müll in den dafür vorgesehenen Behältern, stieg in sein Auto und fuhr an mir, dem Zelt und dem abgedeckten Wagen vorbei. Ich machte mich bereit freundlich zu grüßen, doch der Herr kuckte stoisch, grimmig gerade aus und fuhr weg. “Toll!” dachte ich “der informiert doch bestimmt jemanden, aber egal, wenn ich weg muss muss ich weg und bis dahin versuche ich zu schlafen!”
Gerade hatte ich mir es im Zelt gemütlich gemacht, kam ein Auto, hielt nah am Zelt, jemand stieg aus, lief herum. Ich hielt das nicht aus, öffnete das Zelt und sah nur noch wie, jemand in den Pick-up stieg und in eine der privaten Einfahrten fuhr. “Na toll!” dachte ich “das war es, aber egal, wenn ich weg muss muss ich weg und bis dahin versuche ich zu schlafen!”
Einige Zeit später fuhr selbiges Auto wieder aus dem Grundstück heraus und fuhr weg. Das wars es jetzt wirklich!” dachte ich “der holt die Gendarmerie, aber egal, wenn ich weg muss muss ich weg und bis dahin versuche ich zu schlafen!”
Des Nachts kam noch ein Motorradfahrer, aber der hielt nur für eine kurze Pinkelpause und so gegen 3:00 Uhr schlugen die Hunde in der Umgebung an und bellten sich von Berg zu Berg gegenseitig an.
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