Imperia

Auch hier musste ich spätestens um 10:00 Uhr vom Platz, an solchen Stellen frühstücke ich nicht, sondern suche mir den nächsten Supermarkt und so tat ich es auch hier, gönnte mir eine Pizzaecke, einen Trinkjogurt und einen Saft.

Dann begab ich mich auf den Weg und dieser war heute sehr besonders. Er war, wie die Vennbahn, eine stillgelegte Eisenbahntrasse, welche zu einem fantastischen Radweg umgebaut wurde, asphaltiert, ohne ein Schlagloch, mit Trinkwasserbrunnen, vielen Tunnels, Bars, Fahrradausleihstationen, epischen Ausblicken und immer am Meer entlang. Da war selbst das Laufen Erholung. 25 km lief ich heute, bereits gestern schon einige und auch wenn ich wieder weiterlaufe, werde ich noch ein paar Kilometer darauf wandeln.

Der Weg war so schön und so einfach zu laufen, dass ich nicht weiß, was ich darüber noch schreiben kann. 

Okay, die Tunnels, es war immer spannend sie zu durchlaufen, einige waren auch richtig lang, einer mit Musik, ein anderer mit Infotafeln über die Giro Italia und das San-Remo-Mailand-Radrennen, deren Gewinner und so weiter.

Die Aussichten würden Bücher füllen, wöllte ich sie detailliert beschreiben. Es gab den normalen Weg, links davon die Autostraße und Berge, rechter Hand steil abfallender Fels, die Eisenbahnstrecke und dahinter, immer das beeindruckende Meer. Es gab Buchten und Kaps. Die Kaps waren mystisch, was befand sich wohl dahinter, auf einem war eine Burgruine. Die Buchten waren vielseitig. Einige waren voller großer Felsbrocken, andere frei zugänglich zum Baden, an anderen standen Sonnenschirme und Bänke aufgebaut, welche man gegen einen Obulus mieten konnte. Die Ortschaften in der Ferne waren nicht so malerisch, wie in Frankreich, aber so langsam fand ich Gefallen an dieser Schlichtheit. Mir imponierte, das solche Lagen mit Meeresblick genutzt werden, um Gemüse anzubauen.

Auch die Ortsnamen klingen im Ohr wie Musik. Da war San Remo, San Steffano, San Lorenzo, ein Richtungsschild verwies nach Aurelia und mein Ziel war Imperia.

In Imperia angekommen, war die Schwierigkeit, diesen Traumpfad zu verlassen, denn dieser war mit einer Mauer von der Straße und dem ganzen Rest getrennt. Ich fand eine kleine, wilde Passage, kletterte den Meter empor, achtete darauf, nicht überfahren zu werden, denn man stand unmittelbar auf der Straße, huschte über diese und fand direkt den Campingplatz. Auf den letzten Metern zur Rezeption hatte ich sehr skeptische Gedanken. “Na, das war ja heute leicht, etwas zu leicht. Dieser tolle Radweg war voller Menschen und darunter auch viele Touristen, sehr oft habe ich Deutsch vernommen. Der Campingplatz ist bestimmt ausgebucht.”

Die Rezeption war abgesperrt, man solle Klingeln und warten, aber das brauchte ich nicht, in diesem Moment kam ein Herr und fragte 

“Wieviele Nächte?” 
“Zwei” antwortete ich, ohne den Preis zu kennen. 
“Okay, das macht dann insgesamt 32 €.” 
“Und was kostet Strom?” 
“Wozu brauchen sie denn Strom?” 
“Um meine Geräte zu laden und mein Laptop zu betreiben.”
“Ich müsste 4 Euro dafür nehmen, aber fragen sie doch einen anderen Camper im Wohnmobil, hier sind viele Deutsche.”

Dabei ließ ich es erstmal bewenden. Baute mein Zelt auf und begann mich mit den gleichzeitig angekommenen Pärchen aus Kiel zu unterhalten. Man sagt den Leuten aus dem deutschen Norden nach, sie seien etwas kühl, unnahbar. Aber auf Christel und Frank traf das überhaupt nicht zu. Wir saßen den ganzen Abend zusammen, vor ihrem VW-Bus, sie spendierten mir zwei Weizen und wieder ergaben sich tolle Gespräche.

Am nächsten Tag, also heute =) musste ich mir Strom besorgen. Ich fragte Frank, ob er einen Kraftstromadapter hat und mir ausleihen würde. Kein Problem, eine Minute später hatte ich Adapter und Verlängerungskabel in der Hand. Eigentlich bekommt man diese Adapter, meist gegen etwas Pfand vom Zeltplatz geliehen, aber hier wurden sie nur verkauft. Ich ging zum Zeltplatzchef, zeigte ihn den Adapter und wollte die 4 Euro abdrücken, da winkte er ab und sagte: steck das Ding rein und gut. Der Zeltplatzchef hier platzte auch nicht gerade vor Lächeln, aber dennoch war er superzuvorkommend, kümmerte sich sofort um alles und erklärte einem alles ausführlich!

Obwohl es auch hier in Italien immer schöner wird, schwindet meine Motivation weiterzugehen. Ich brauche unbedingt das Gefühl, das Ende der Reise nicht zu kennen, dann kommt immer die Neugier um die Ecke und motiviert mich zu Höchstleistungen. Doch nun weiß ich, dass diese Reise in 5 Lauftagen zu Ende ist. Die Reise, die mich über mehrere Jahre bis nach Indonesien und Südamerika tragen sollte. Die Reise, die mein Traum war, die ist nun vorbei. Ja, es kommt definitiv eine weitere, spannende Reise. Aber im Moment naht eben das Ende dieser Reise. Bis hierher gelaufen zu sein, ist schon etwas Besonderes, etwas Besonderes, worauf man noch weiter aufbauen kann, aber es ist bald zu Ende. Diese Gedanken ziehen mich manchmal ganz schön runter, so als werfe ich etwas Begonnenes weg. Natürlich habe ich auch den Grund im Hinterkopf, dennoch fühlt es sich momentan nicht gut an. Nein ich sitze nicht hier und blase Trübsal, ich bin mir meines Glückes total bewusst, ich kann es nur nicht mehr mit einem so freien Gefühl genießen.

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