Das Paradies hat seinen Preis

Gegen 5:30 Uhr zeigte das Navi, dass ich nur noch 1,5 h bis zum Ziel benötige. Da beschloss ich, auf einem Rastplatz anzuhalten und 2 Stunden zu schlafen. So tat ich dann auch, zumindest versuchte ich es, den Sitz konnte ich nicht zurückschieben und auch die Lehne nicht viel nach hinten klappen, wegen meines Gepäckwagens. So nickte ich ab und zu ein und wieder auf. Der beginnende Tag mit der aufgehenden Sonne sorgte weiter für eine nicht allzu komfortablen Schlaf. 

Bereits zu Hause, konnte ich mir denken, dass es unangenehm wird, nach einer durchgefahrenen Nacht, unter der starken Sonne zu laufen und plante den Weg etwas um. Damit ich die erste Nacht auf einem Zeltplatz verbringen kann. Da sich der Zeltplatz auf meiner ausgewählten Route als Fake erwiesen hatte, plante ich einen Umweg zum Mittelmeer, denn da gab es sehr viele Campingplätze. 

Am Rastplatz etwas frisch gemacht düste ich zum Autoverleih, tankte vorher das Auto voll und konnte den Wagen problemlos abgeben. 

Nun stand ich da, mit dem ganzen Gepäck auf einem Parkplatz und schnürte den Wagen marschfertig. Genau als ich losgehen wollte drängte meine volle Blase mir ihren Willen auf. Eine Toilette gab es nicht, ich war auf einem Parkplatz in einer Stadt. Zum Glück stand in der letzten Ecke eine Auto, was mich bis über die Hüfte verdeckte. Ich stellte mich mit dem Rücken zum Auto, so lässig wie möglich hin, hielt mein Handy ans Ohr, tat so, als ob ich telefonierte, und lies den Dingen, besser gesagt der Blase ihren freien Lauf. Für einige Dinge ist es manchmal gut, wenn man nicht klar denken kann. 

Dann ging es los, erstmal bergab zum Entang de Berre und da begann es, ich sah das Wasser und mir schossen die Tränen in die Augen, weil mir einfiel, wie gerne Johanna am Wasser ist. Meine Frau ist nicht einfach zu begeistern, aber wenn sie am Meer ist, dann ist sie sichtbar glücklich, ihre Augen beginnen so krass zu strahlen, dass jeder Geigerzähler durchbrennen würde. Sie kommt zur Ruhe und viel fällt von ihr ab. Nun kam ich an all den Stellen vorbei, wo ich das bei ihr, vor ein paar Tagen noch, beobachten konnte. Ich fühlte mich so schlecht, traurig und wusste nicht, ob ich das Richtige tat, lief dennoch immer weiter und weiter.

Der Weg forderte eigentlich viel mehr Aufmerksamkeit, denn oft ging es steil berghoch, ich trank viel, machte ungewohnt viele Pausen. Die Sonne, der fehlende Schlaf, der Abschied machten das Laufen sehr schwierig. Landschaft war natürlich auch da, aber meine Augen waren überfordert, weil das Gehirn Aufmerksamkeit forderte, während das Herz sie durchspülte. Der Weg führte mich ins absolute Hinterland, bis ich mich zwischen Felsen an einer steilen Schotterpiste abrackerte.

Sehr erschöpft erreichte ich den von mir ausgewählten Zeltplatz. Die Frau an der Rezeption sagte mit schmerzverzogenem Gesicht, dass sie leider gar keinen freien Platz hat, nicht mal für ein kleines Zelt und warnte mich, ich solle heute Nacht vorsichtig sein, es gibt eine Sturmwarnung. “Toll!” Dachte ich und bevor ich weiterdenken konnte, sagte sie, einen Moment bitte, ich rufe einen anderen Zeltplatz an. “Wow, DANKE!” Dachte ich wieder und tatsächlich war der andere Campingplatz auch total ausgebucht, hatte aber noch ein paar freie Stellplätze für kleine Zelte. Sie wies mir den Weg, ich bedankte mich herzlichst und kämpfte mich die 800 Meter zum ersehnten Ruheplatz. 300 von den 800 Metern gingen so steil bergauf, das ich meinen ganzen Körper nach vorn werfen musste, um den Weg zu bewältigen. Aber das Paradies will eben erkämpft sein und hat vor allem seinen Preis.

Dass es hier viele Campingplätze gab, hab ich ja schon auf der Karte gesehen, aber ich sah nicht, dass das alles solche riesigen Familienurlaubsmonster sind. Ich checkte ins Paradies ein, meines hieß “Le Mas” die Angestellten waren superfreundlich. Die Rezeptionistin fuhr mich mit so einem Elektro-Golf-Caddy herum und zeigte mir ein paar Stellplätze. Beim letzten fiel mir die Kinnlade runter und ich konnte nur sehr schwer, oder vielleicht auch gar nicht meine Tränen verbergen. Denn dort hatte ich einen wunderschönen Blick, vorbei an einer kleinen Kirche, direkt aufs Meer. Johannas größter Wunsch war es, einmal im Zelt aufzuwachen, den Eingang zu öffnen und dann direkt aufs Meer zu schauen und genau das hatte ich jetzt. Zurück in der Rezeption, währen mir fast das zweite mal die Tränen in die Augen geschossen, als sie mir sagte, dass eine Nacht 43 Euro kostet. Doch was soll, ich war fix und fertig, brauchte Schlaf und hatte einen Traum von Stellplatz.

2 Comments
  • Heydrun Bräutigam
    Posted at 19:54h, 20 August Antworten

    Hallo Frank,
    ich habe eure gemeinsame Reise verfolgt und öfter mit Johanna geschrieben. Ich kenne euch nicht, aber für mich seid ihr etwas Besonderes. Nach der langen gemeinsamen Reise allein zu laufen, ist erstmal schwer. Das wird dich immer wieder begleiten. Es wird wunderbare Momente geben und dann die Einsamen. Die man als Alleinreisender aber immer mal hat. Und sie ist trotzdem bei dir, im Kopf, im Herz etc.!
    Zu der Finanzierung der Reise… Wenn du wirklich lang laufen willst, macht es irgendwann Sinn auf die Campingplätze zu verzichten. Sie sind Geldfresser. In unterschiedlichen Ländern werdet ihr sicher auch viele verschiedene Erfahrungen machen. Es gibt auch Urlaub gegen Hand oder die Möglichkeit eine Weile an einem Ort zu bleiben und durch Mitarbeit etwas dazu zu verdienen. Wenn dann genug beisammen ist, geht es weiter. Viel braucht man nicht. Hauptsächlich Essen, Wasser und ab und zu Duschen und Waschmaschine. Letzteres gibt es auf Campingplätzen. Ich hab noch ein paar Links, die sende ich Johanna und sie kann es ja an dich weitergeben. Vielleicht findest du dort ja auch mal etwas Passendes, Günstiges. Und sicher kann man unterwegs auch mal direkt Fragen, ob man sein Zelt auf einer Weide stellen darf für eine Nacht. Blöd ist es auch, wenn man was einkaufen will oder Toiletten Gänge und man nicht weiß, wo man seinen Wagen sicher lassen kann. Das ist zu Zweit sicher einfacher. (Das Frage ich mich immer, wie es Andere bei großer Tour mit dem Fahrrad machen.
    Ich wünsche dir jedenfalls eine tolle Reise. Mit vielen schönen Momenten. Ich werde sie gern mitverfolgen.
    Sei lieb gegrüßt, unbekannter Weise,
    Heydrun (malvenstern)

    • firepress
      Posted at 10:15h, 21 August Antworten

      Herzlichen Dank Heydrun,

      Danke für dein Interesse, deine Tipps und die Links, letztere schau ich mir auf alle Fälle an.
      Ja, zu zweit ist vieles einfacher und schöner, aber egal ob zu zweit oder alleine man muss vertrauen lernen und den Wagen einfach mal stehen lassen.

      LG Frank

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